Der Platz vor dem stattlichen viergeschossigen Gebäude am Cordulaplatz war voll mit Gästen aus der ganzen Region Baden, als Anfang September 2022 das Paradies neu eröffnet wurde. An der Fassade des Hauses prangte die neue Fahne. Das alte Logo mit grüner Baumkrone, schwarzem Stamm und roter Schlange war einem goldenen Gewächs gewichen, das einer Taube ähnelt. Erst im Februar hatte das bisherige Wirte paar André und Iris Klarmann das Gasthaus Paradies zurückgegeben. Etwas mehr als ein halbes Jahr später kam neues Leben in dieses altehrwürdige Haus. Auch Vertreter der Cordula-Zunft zeigten sich in ihrer schönen Trachtbekleidung und machten am Opening-Weekend ihre Aufwartung. Es gab einen Kanonenschuss – und das Paradies wurde neu eröffnet.
Wieder ans Licht geholt
Niklas Schneider und Samuel Hauser haben das frisch renovierte Restaurant Paradies am Cordulaplatz übernommen. Zuvor war Schneider Geschäftsführer und Küchenchef im «Grossen Alexander» in der Unteren Halde in Baden. Der 28-Jährige zog mit seinem kompletten Team, darunter auch mit seiner rechten Hand Daniel Streiff ins Paradies. Als «paradiesisch» nahm Niklas Schneider den neuen Ort zuerst nicht unbedingt wahr. «Das Paradies war schon ziemlich in die Jahre gekommen», beschreibt er das imposante, vierstöckige Haus. Es gebe zudem schönere Plätze in Baden als den Cordula-Platz. Dieser etwas verschlafene Platz geniesst nicht den besten Ruf in der Bäderstadt. Und so sei auch das Paradies nach und nach bei vielen aus dem Fokus gerückt. Viele sagten mir Sätze wie: «Da bin ich noch nie drin gewesen» oder: «Ich bin hier immer vorbeigelaufen». Dabei sei es seiner Meinung nach das schönste Haus in Baden.
Aber vielleicht ist dieser Ort genau die richtige Herausforderung für einen, der schon in der sechsten Klasse gesagt hat, dass Koch sein Berufsziel sei. Der aus einem Elternhaus kommt, wo die Liebe zum Essen immer ausgeprägt war. Der Stationen wie die Berner «Steinhalle», eine Saison im «The Chedi» Andermatt und die «Krone» in Regensberg auf seinem Werdegang aufzählen kann. Heute ist er der federführende sowie kreative Kopf vom Paradies.
Haus mit bewegter Geschichte
Älteren Badenern ist das Haus am Cordulaplatz, das unter nationalem Denkmalschutz steht, längst ein Begriff. Und natürlich auch Jürg Schoop. Er konnte das Haus, welches seit 1902 im Besitz der Badener Familie Welti war, seinem Schwager Marc Welti abkaufen. «Mir ist es wichtig, dass man diesem Haus seine Würde zurückgeben kann. Angefangen haben wir mit dem Restaurant, jetzt ist die Bar dran. Ich bin unglaublich stolz, was hier gelungen ist», sagt er im Gespräch mit BAR NEWS in der Paradies-Bar.
Das Haus hier hat eine bewegte Geschichte: In den Jahren 1616 und 1624 bestand das Restaurant Paradies, wie man es heute kennt, aus zwei schmalen spätgotischen Häusern mit den Namen «Barendiss» und «Hasen». Daraus wurde später ein grosses Gebäude. Im Jahr 1714 fand in Baden einer der Friedenskongresse zum Beenden des spanischen Erbfolgekrieges statt. Hochrangige Persönlichkeiten waren hier schon zu Gast. «Auf Einladung von der Familie Schnorf kam Prinz Eugen nach Baden, ein damals bekannter Kriegsherr. Der fuhr hier mit sagenhaften 74 Kutschen und seiner Entourage vor», weiss Jürg Schoop. Das Haus habe immer etwas mit Frieden zu tun gehabt.
Gerade fertig mit dem Umbau
Von April bis September 2022 wurde das Paradies mit grosser Sorgfalt renoviert. Die gesamten Holzvertäfelungen an der Bar, an den Decken und in der Zigarrenlounge und auch im Restaurant im oberen Stock wurden im Originalzustand gelassen. Bei der Bar wurde ein neuer Durchgang geschaffen, damit Barkeeper Marcus Rosenburg schneller hin- und herflitzen kann. Küche, Mobiliar und Sitznischen sowie die Bar und Lampen sind neu. Als im Februar 2022 der Ukrainekrieg ausbrach, habe es zeitweise Lieferengpässe gegeben. Schlussendlich aber hat das Team alles Material für den Umbau bekommen.
Die neue Bar, eine Herzensangelegenheit
Dort, wo sich vorher das Restaurant befand, befindet sich heute die Paradies-Bar. «Die Bar ist für mich eine Herzensangelegenheit », sagt Niklas Schneider, der die Barkeeperschule in Barcelona besucht hat. Er sei schon lange der Meinung gewesen, dass es in Baden an einer «megacoolen» Bar fehle. Neben der Bar, die von neuen Lampen stimmungsvoll ausgeleuchtet ist, entstand auch eine neue Zigarren-Lounge.
Bestärkt dazu hat ihn sein Geschäftspartner Samuel Hauser, Veranstalter des «Big Smoke», des grössten Zigarrenevents in der Schweiz. «Cool, sagte ich mir, dann machen wir hier doch eine Zigarren- Lounge!» Die Nachfrage sei gross für Orte, in dem man schön im Winter eine feine Zigarre rauchen könne. Niklas Schneider resümiert: «Ich staune, denn im Winter ist sie tatsächlich sehr gut besucht. Wir wollten den Leuten zum Restaurant einen Mehrwert bieten. Das ist uns bereits gut gelungen.» Hier ist wirklich vom Apéro über das Abendessen bis zum Absacker alles möglich.
Die Bar-Kultur näherbringen
Ein Hauptaugenmerk in der Bar liegt auf den Signature- Drinks. Alle drei Monate sollen sie komplett ausgewechselt werden. Mitverantwortlich dafür ist Marcus Rosenburg. Der gebürtige Berliner ist Chef de Bar. Er ist beim Shaken voll in seinem Element und mixt die ausgefallensten Cocktails, alkoholfreie Mocktails und Signature- Drinks. Der joviale und lebensfrohe Deutsche verströmt jederzeit eine heitere Stimmung, die sich auch auf die Gäste in der Bar überträgt. Ihm und Niklas Schneider ist es ein Anliegen, den Leuten die Cocktail-Kultur näher zu bringen. «Wir haben fünf verschiedene Biere und einen Weinkeller, der «chlöpft und täscht». Auch an Negronis haben wir eine grosse Palette», schwärmt Niklas Schneider. Selbst in Baden sei der Hype um den italienischen Cocktail riesig. Beliebt sei derzeit ein Bacon-Negroni mit einer Whisky-Speck-Infusion.
Herrschaftliches Interieur
Während unten in der Bar die Cocktails zubereitet werden, dinieren die Gäste im zweiten Stock des Hauses im Restaurant. Über das Restaurant sagt Niklas Schneider: «Hier sind wir sehr regional unterwegs. Neunzig Prozent der Produkte kommen aus der Schweiz, viele davon aus der Region Baden.» Auch die Früchte für Säfte und Sirupe kommen aus der Region. Ebenso werde auf Nachhaltigkeit Wert gelegt. Foodwaste werde nur wenig produziert.
Great Gatsby-Party im Paradies
Alles, was Niklas Schneider anpackt, ist gut durchdacht und konzipiert. Seine Ideen sollen keine Schnellgeburten sein. Wen möchte er hier empfangen? «Alle sind natürlich willkommen! Mein Ziel ist es, dass hier ein offenes Haus entsteht und sich die verschiedensten Leute wohl fühlen. » Natürlich wünscht er sich Leute, die gerne geniessen. «Oben die Fineline-Kultur und unten die gehobene Bar-Kultur der lockeren Art.» Der junge Zürcher plant im Paradies auch Veranstaltungen. Er sieht diesen Ort jedoch weniger als seinen Ort mit Lesungen. Er denkt eher an Bar-Schulungen und Masterclasses. Weiter schweben Niklas Schneider Kochkurse vor und, das wäre der dernier crie, «Great Catsby-Partys» im Stile der 20er-Jahre. Verbunden vielleicht mit einem Zigarren-Event.
Sein Ziel: Ein neues Piazza-Feeling
Jürg Schoop hofft, dass die Neueröffnung des Paradies mit seiner formidablen Bar nicht nur den Cordulaplatz belebt, sondern auch die Mittlere Gasse Badens. Niklas Schneider möchte den Platz begrünen und hat als erstes Statement schon mal zwei kleine Apfelbäume gepflanzt. «Wir wollen zusammen mit dem neuen Pächter der Bodega- Bar hier ein Piazza-Feeling erreichen. Wir wollen diesen Platz hier wirklich neu beleben.»