Kaum ein Künstler hat in den letzten 15 Jahren das heimische Schaffen und den Schweizer Musikmarkt so geprägt und beeinflusst wie der Zürcher Mundartkünstler. Seine Bilanz ist bemerkenswert: mehrere Nr.-1-Alben und Top-Ten-Singles sowie mehrfach Gold- und Multi-Platin-Auszeichnungen.
Zahlreiche Preise, wie zum Beispiel sieben Swiss Music Awards, drei Prix Walos und etliche weitere Auszeichnungen gehören in seine musikalische Vita. Vor vier Jahren hat Bligg seine eigene Spirituose unter dem Swissness- Aspekt entwickelt – und seinen Tannenschnaps auf den Markt gebracht. BAR NEWS hat Bligg getroffen.
BAR NEWS: Gibt es ein Schlüsselerlebnis für den Start deiner so erfolgreichen Musikkarriere?
Bligg: Nein, eigentlich nicht, es kam alles schleichend. Selbstverständlich war meine Kindheit geprägt durch viel Musik. Mein Vater als grosser Schallplattensammler liess immer unser Zuhause «beschallen ». Ich bekam eigentlich Musik in die Wiege gelegt. Bis sich aber die grossen Erfolge einstellten, war es eine sehr harte Zeit, zwar mit viel Spass verbunden, aber kaum Geld zum Überleben. Ab dem Jahr 2008 kann ich sagen, dass ich von meiner Musik leben kann.
Du hattest ja in den letzten zwei Jahren mit «BLAY» ein grösseres Bandprojekt zusammen mit Marc Sway. Wie ist diese Zeit verlaufen.
Die Zeit verlief unberechenbar schnell. Wir wollten dieses Projekt schon seit Jahren zusammen machen. Unsere beiden Agenden waren aber voll und wir fanden keine Zeit. Dann kam Corona und plötzlich hatten wir sehr viel Zeit. Ursprünglich planten wir ein Jahr, jetzt sind es zwei geworden. Eine spannende Zeit.
Was war das schönste Erlebnis?
Ganz viele schöne Erlebnisse, etwas unkonventionell. Wenn man Musik im Studio kreiert und erschafft, ist es natürlich das Grösste, nachher auf der Bühne vor grossem Publikum zu stehen und seine Arbeit zu präsentieren und Freude zu bereiten. Und das hat uns natürlich völlig gefehlt. Wir haben Content erstellt, aber es gab praktisch kein Echo. Wir hatten fast keinen Kontakt zu unseren Fans.
Was passierte dann?
Wir kauften uns einen Camper (Blay-Mobil) und fuhren knapp einen Monat lang über 5 000 Kilometer quer durch die Schweiz. Im Vorfeld riefen wir über die sozialen Medien unsere Fans auf, sich zu bewerben und uns einzuladen. Da gab es ausserordentlich spannende und berührende Begegnungen, indem wir direkt bei den Leuten waren, um ihnen unsere Musik im zum Teil kleinsten Rahmen zu präsentieren. Es war schön zu sehen und mitzuerleben, wie diese Leute leben und wir unsere Musik zum Beispiel im Kinderzimmer oder beim Grillieren spielten.
Vor und nach Corona – welches sind die grössten Unterschiede aus deiner Sicht?
Ganz klar die Digitalisierung! Was in diesen zwei Jahren passierte ist enorm. Wenn ich so zurückblicke, stehe ich aus meiner Zeit immer noch mit einem halben Bein in der analogen Welt. Wir waren aber auch als erste dabei bei Facebook, bei Instagram. Aber heute ist das alles nochmals ganz anders, alles wurde auf ein neues Niveau gehoben. Homeoffice ist da fast nur die plumpeste Form der Digitalisierung.
Schon etwas länger als das BLAY Projekt zurück liegt das Projekt, eine eigene Spirituose auf den Markt zu bringen. Wann war das und was wolltest du damit?
Es war im wahrsten Sinne eine Schnapsidee und war zu der Zeit, in der Rosalie und all die andern Hits entstanden sind. Da hatten wir jeweils vor unseren Auftritten ein spezielles Ritual, indem wir uns einen Schnaps genehmigten, um vielleicht auch etwas unsere Nervosität zu unterdrücken. Zu Beginn war es jeweils der Appenzeller Alpenbitter. Darüber machten wir auch den Song «10 Kleine Appenzeller».
Im Verlauf der Zeit hat sich das so eingebürgert. Wie ich vorher gesagt habe, ich bin ein sehr visueller Mensch, der auch das Holz liebt. Den Arven- oder Tannengeschmack liebte ich schon als Kind. Irgendwann kam dann einmal ein Bandmitglied mit einem selbst gebrannten Schnaps in einer PET-Flasche zu mir und sagte: Das wäre doch was, ich habe hier einen selbst gebrannten Schnaps, den du lieben könntest, weil er nach Natürlichkeit und nach Tannenholz schmeckt.
Dann probierten wir mal und testeten hin und her. Bis ich dann irgendwann sagte, so jetzt machen wir mal eine kleine Charge.
Auf den Festivals gingen dann diese Muster natürlich auch ins Publikum und immer mehr Leute kamen auf mich zu und sagten, ich solle doch sowas im grösseren Stil machen. Zuerst hatte ich natürlich meine Zweifel, denn ich habe ja auch gegenüber Kindern und Jugendlichen eine Vorbildfunktion und Jugendliche und Alkohol war für mich ein No-Go.
Aber weil alles so organisch gewachsen ist und das Interesse immer grösser wurde, sagte ich zu, aber nicht einfach meinen Kopf und Namen dafür zu geben, sondern das Produkt mit zu entwickeln.
Wie ging es weiter?
Im Zentrum stand natürlich das Produkt selbst. In vielen Laborstunden wurde das Produkt fertig entwickelt. Es durfte nicht zu süss sein und nicht zu herb und auch für Frauen sollte der Tannenschnaps zugänglich sein. Neben dem Flaschendesign ging es damit weiter, ein tolles Etikett zu entwickeln. Es war eine intensive, aber spannende Zeit.
Gab es Parallelen zwischen der Musikentwicklung und der Schnapsentwicklung?
Ja, das war ja gerade das Interessante an dieser Baustelle. Genauso wie in der Musik, sollten die Leute auch mit diesem neuen Produkt ein Genusserlebnis bekommen.
Lateltin produziert deinen Tannenschnaps. Wie ist es dazu gekommen?
Damals wohnte ich in Bassersdorf und viele Teammitglieder stammen aus der Region. Wir brauchen einen Partner, der uns kompetent und professionell unterstützen kann. Die Regionalität spielte dabei natürlich auch eine Rolle. Und so kam die Zusammenarbeit mit der Lateltin AG in Winterthur zustande.
Welches ist das Geheimnis des Tannenschnaps?
Es liegt im Wald im Zürcher Oberland, da wo die Weisstannenschösslinge aus gefällten Tannen herkommen. Und dieses Geheimnis werden wir nie bekannt geben.
Bligg im Kurzmodus
Bürgerlicher Name: Marco Bliggensdorfer
Geboren: 30. September 1976
Erlernter Beruf: Sanitärinstallateur
Berufsmusiker seit: 2008
Familie: 2 Kinder (Lio 7 Jahre / Vivienne 2 Jahre)
Schmeckt der Tannenschnaps dann jedes Jahr anders?
Da es ein Naturprodukt ist, können feine Differenzen vorkommen. Aber das ist ja gerade bei einem Naturprodukt normal. Dein Tannenschnaps hat vor drei Jahren bei der Distisuisse auch eine Auszeichnung geholt. Hat dich das überrascht? Ja, eigentlich schon, denn da werden ja wirklich die besten Schweizer Produkte ausgezeichnet. Dass wir da als eigentliche «Newcomer» schon eine Medaille gewannen, macht uns stolz.
Was bedeutet dir die Barszene?
Ja, gut, ich bin mit meiner Musik in der Stadt Zürich gross geworden. Diese Musik ist geprägt von der Stadt, von den Gassen, von Hinterhöfen, von den Bars und von Clubs. Musik und Gastronomie liegen doch sehr nahe beieinander.
Was ist für dich eine gute Bar?
Es ist eigentlich nicht nur die Bar als Lokal, sondern diese ist geprägt von den Leuten, die da sind. Es muss gemütlich sein und es muss natürlich gute Musik abgespielt werden. Genauso muss aber auch gut kommuniziert werden können. Man trifft sich ja!
Was ist für dich ein guter Barkeeper?
Jemand, der sehr aufmerksam ist, aber nicht penetrant. Die Beratung muss stimmen und der Service genauso.