Gin galt im 19. Jahrhundert zusammen mit Brandy, Whiskey und Rum als eine der häufig verwendeten Basis-Spirituosen. So nennt Jerry Thomas’ «Bar Tenders Guide» Gin als mögliche Spirituose für einen Gin-Cocktail, den man heute als «Gin Old Fashioned » bezeichnen würde. Neben Zuckersirup, Bitters und Gin nennt das Rezept ca. 2 Dashes «Curaçoa» [sic!].
Wie bei den meisten Rezepten aus dieser Zeit sollte man bedenken, dass Dry Gin, zumindest in den USA, erst relativ spät populär wurde. Entsprechend wurden dort Cocktails mit Gin vor den 1890er-Jahren mit dem süsseren Old Tom Gin und vor allem mit Holland Gin (Genever) zubereitet.
Spätestens seit der ersten sakrosankten Verbindung von Gin mit Vermouth, musste sich die Wacholderspirituose kaum mehr um ihren einst schlechten Ruf kümmern. Gin spielte die Hauptrolle in Martini, Martinez, Bronx Cocktail und Bijou Cocktail, die in dieser Zeit aufkamen. Auch die Prohibition in den USA, die am 16. Januar 1920 begann, konnte dem Gin nicht den Todesstoss verpassen.
Als sehr einfach herzustellende Spirituose (Stichwort Bathtub Gin) wurde sie auch getrunken, als es eigentlich verboten war. Kurz zuvor und während der Prohibition entstanden Drinks wie French 75, White Lady, Negroni oder Hanky Panky – wobei viele Drinks dieser Zeit nicht in Speakeasys in Chicago, New Orleans und New York erfunden wurden, sondern eher in England, Frankreich oder Italien.
Konkurrenz aus dem Osten
Auch nach der Prohibition war Gin durchaus populär, doch geriet er nach einigen Jahrzehnten immer mehr in Bedrängnis durch Vodka (Vodka Martini anyone?). Heute steht Gin wieder hoch im Kurs – ob mit Tonic oder als Cocktailbestandteil.
Ein Cocktail, den man (auch wenn er erst vor 12 Jahren erfunden wurde) heute bereits als Klassiker bezeichnen kann, ist der Gin Basil Smash. Die Frische des Basilikums zusammen mit den Aromen des Gins stehen in perfekter Balance mit Säure und Süsse. Ein Geniestreich des Hamburger Barkeepers Joerg Meyer.
Nicht selten wird Gin heute auch einfach pur genossen – was bei den heutigen Qualitäten (und Preisen) auch nicht weiter verwunderlich ist. Gins von hier und aus allen Weltregionen erreichen uns derzeit, welche immer skurrilere Botanicals (Stichwort Elefantendung, Austernschalen, Schwarzer Knoblauch) enthalten.
Besonders starkt steigt das Gin-Sortiment derzeit durch sogenannte Flavoured Gins. Teilweise steht auch das Grunddestillat (Calvados, Grappa, Birnen-/Bierbrand etc.) oder die Farbe (pink, gold/ fassgelagert, blau, wechselnd) im Zentrum.
Das breite Gin-Angebot hat auch die klassischen Gin-Cocktails wiederbelebt. Wer vor zwanzig Jahren in einer Schweizer Bar einen Gin & Tonic bestellte, erhielt Gordon’s, Bombay wenn er Glück hatte, gemischt mit Schweppes. Zwei verschiedene Drinks und das war’s. Heute gibt es mehr Kombinationen als Bars in der Schweiz. Ähnlich geht es dem Negroni, der je nach Gin-Marke völlig unterschiedliche Geschmacksnoten haben kann.