Bier Wissen

Sommer, Sonne, Weizenbier

Steht man auf spritzige, nicht zu bittere Biere, dann ist Weizenbier genau richtig. Ein Bierstil, der wie kein anderer Inbegriff der warmen Jahreszeit ist. Doch Halt, eine belgische Variante schmeckt noch ein wenig leichter und frischer. Ein Überblick über verschiedene Weizenbiere.

Insbesondere in Bayern und den angrenzenden Teilen Österreichs hat Weizenbier eine lange Tradition und eine tiefe kulturelle Verankerung. Kaum ein lauschiger Biergarten, wo die Menschen sich nicht mit den schlanken Gläsern zuprosten. Böse Zungen behaupten, dass die Form an Blumenvasen erinnere. Sie dient aber vor allem dazu, das Bier länger spritzig zu halten, weil die Kohlensäure einen weiteren Weg zur Oberfläche zurücklegen muss. Der dicke Boden sorgt für Stabilität und wird auch zum Anstossen benutzt.

Die oben weitere Form betont die cremige Schaumkrone und unterstützt die Nase dabei, die feinen, fruchtigen Bier-Aromen wahrzunehmen. Besonders in Bayern nennt man dieses Bier Weissbier. Manche kennen es auch unter dem Begriff Hefe-Weizen. Damit kommt ein weiteres Merkmal zum Ausdruck: die obergärige Hefe. Denn die allermeisten Weizenbiere sind naturtrüb und Fans geniessen den hefig-brotigen Geschmack. Die Hefe sorgt zudem dafür, dass beim Gären die typischen Noten nach Gewürznelke und Banane entstehen.

Ein weisses Monopol

Der Bierstil verdankt seinen Namen dem Weizenmalz, das nebst Gerstenmalz mindestens 50 Prozent der Malzmischung ausmacht, die man zum Brauen verwendet. In der Schweiz und in Deutschland ist dies beispielsweise per Gesetz geregelt. Dieser hohe Weizenanteil verleiht dem Bier leicht süssliche Aromen nach Toast und Getreide. Seinen Namen bekam es aufgrund der hellen Farbe des Brau-Getreides, denn sprachgeschichtlich haben die Begriffe «Weizen» und «weiss» den gleichen Ursprung. Deshalb nannte man Brauereien, in denen ausschliesslich Weizenbier gebraut wurde, auch «Weisse Brauhäuser ».

In Bayern gab es jedoch eine Zeit, als nicht allen erlaubt war, dieses Bier herzustellen. Im 16. Jahrhundert galt Weizen als das wichtigste Brotgetreide, weshalb es verboten war, ihn zum Brauen zu verwenden. Das bayerische Herrschergeschlecht, die Wittelsbacher, sicherte sich jedoch das Exklusivrecht, trotzdem Weizenbiere zu brauen. Dieses Privileg spülte nicht nur Geld in die herzogliche Kasse, sondern machte Weizenbier auch zu einem Prestige-Produkt, das nur der Adel und wohlhabende Bürgerfamilien genossen.

«Weizenbier hat eine lange Tradition und tiefe kulturelle Verankerung.»

Das hat sich geändert. Heute können sich zum Glück wieder alle mit einem Weizenbier erfrischen. Der Bierstil ist vor allem im Sommer beliebt und macht laut dem Bayerischen Brauerbund über einen Drittel am Gesamtausstoss im Freistaat aus. Erdinger Weissbräu, nach eigenen Angaben die weltweit grösste unabhängige, reine Weizenbierbrauerei, gelang es, die alkoholfreie Variante als Durstlöscher nach dem Sport zu etablieren.

Die belgische Verwandtschaft

Man trinkt jedoch nicht nur in Bayern gerne ein Weizenbier. In Belgien kennt man einen Bierstil, der sehr ähnlich ist: Das Wit. Beim Brauen kommt ein Teil an unvermälztem Weizen dazu. Diese sogenannte Rohfrucht verleiht dem Bier eine leichtere und schlankere Textur. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist das Verwenden von Gewürzen wie Koriandersamen und Bitterorangenschalen, die eine frische, zitrusfruchtige Note bringen.

Die wohl bekannteste Witbier-Marke ist das flämische Hoegaarden. Es wird oft mit einem Orangenschnitz serviert, um die Fruchtigkeit zu unterstreichen. Als Biersommelière halte ich dies jedoch für Frevel, da es die feinen Bieraromen übertönt. Ausserdem können die ätherischen Öle aus der Orangenschale bewirken, dass die Schaumkrone schneller zusammenfällt. 

Ein kulinarisches Vergnügen

Klar, es ist wunderbar, an einem warmen Sommerabend ein Weizen oder Wit zu geniessen. Doch eigentlich wäre es schade, diese Biere rein als Apéro zu trinken. Denn beide haben die Fähigkeit, sich hervorragend mit Speisen zu verbinden. Es sind kulinarische Partner, die das gesamte Geschmackserlebnis bereichern. Natürlich passt das Weizenbier zu traditionellen bayerischen Gerichten wie Weisswurst, salzigen Brezeln und der würzigen Käsecreme namens Obazda. Darüber hinaus harmoniert es jedoch auch mit gegrilltem Fisch oder Geflügel und Sommer-Salaten.

Und auch das Witbier muss sich als Speisepartner nicht verstecken. Es verleiht Meeresfrüchten einen erfrischenden Touch und unterstreicht den Geschmack von Zitronengras oder Limette in asiatischen Gerichten. Mein Tipp für ein leichtes Sommer-Dessert: Ein Sorbet Float mit Witbier. Dafür pro Person eine Kugel Mandarinen-Sorbet in ein gekühltes Champagner-Glas geben, mit Witbier auffüllen und mit Zitronenmelisse garnieren.

… und eine Berlinerin

Bei den ganzen Aufzählungen auf keinen Fall vergessen sollte man jedoch die Berliner Weisse. Diese Spezialität aus Deutschlands Hauptstadt ist etwas ganz Besonderes. Ebenfalls mit einem Anteil Weizenmalz gebraut, spielen bei der Vergärung nicht nur Hefen, sondern auch Milchsäurebakterien eine Rolle. So erhält das Bier einen säuerlichen Geschmack und einen schlanken Körper mit knochentrockener Struktur.

Von Napoleon wurde das Bier deshalb einst als Champagner des Nordens gelobt. Früher trank man es gerne mit Himbeer- oder Waldmeistersirup, wohl um den sauren Geschmack etwas abzumildern. Die heutigen Berliner Weisse-Biere sind jedoch sehr fein ausgewogen und die Säure trägt wunderbar zur Erfrischung bei. Wer gerne Sauerbiere mag, dem kann ich diesen Bierstil ans Herz legen.

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