Kaffee in Cocktails

Interview mit Milo Kamil, Leiter Coffee Lab Zurich

Kaffee sorgt bei vielen Barkeepern gegen Ende der Schicht für den nötigen Koffein-Kick. Doch nicht nur! Als Likör, wie beim White Russian, oder frisch gebrüht, wie bei Espresso Martini, Carajillo oder Irish Coffee, spielt er auch in vielen Mixed Drinks eine wichtige Rolle. Doch ginge da nicht noch mehr?

Wer das Rezept von Drinks wie zum Beispiel dem Espresso Martini konsultiert, findet aufgezählt als eine der Ingredienzen die Zutat «Espresso». Doch betrachten wir die Sache mal von einer anderen Perspektive, und zwar aus der Welt der Baristas. Denn wenn die besten Kaffee-Brüherinnen und -Brüher die Shaker in die Hand nehmen, dann spielt Sorte und Zubereitung des Kaffees eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Wie das schmecken kann, wenn die 3rd Wave of Coffee auf das 2nd Golden Age of Bartending trifft, zeigt sich bei Kreationen wie Cornetto Liquido. Hier bringt der Kaffee weitaus mehr als bloss «Noten von Kaffee» in den Cocktail. Gemixt wurde der Siegerdrink von Milo Kamil, Leiter des Coffee Lab Zürich, bei den Schweizer Kaffeemeisterschaften 2020.

BAR NEWS wollte vom amtierenden Schweizer Meister in der Kategorie «Coffee in Good Spirits» erfahren, wie Baristas vorgehen, wenn sie mit Kaffee mixen.

BAR NEWS: Welchen Stellenwert haben Kaffee-Cocktails in der Welt der Baristas?
Milo Kamil: Diese Welt der Baristas und jene der Bartender wird in der Realität sehr stark getrennt. Das sieht man schon bei Stellenausschreibungen. Ein Unternehmen sucht entweder einen Barkeeper oder einen Barista. Ich persönlich finde es sehr schade, dass sich diese Welten nicht mehr vermischen. Denn wenn sich Bar-und Kaffeeszene zusammentun, können beide profitieren.

Inwiefern?
Wenn beispielsweise mehr Kaffee-Cocktails verkauft werden, dann kann das Thema Specialty Coffee plötzlich auch am Abend zum Thema werden. Was es braucht, ist jedoch ein bisschen Know-how und Neugierde. Viele sind sich gar nicht bewusst, wie gross und komplex das Thema Kaffee eigentlich ist. Eine Schwierigkeit ist sicher, dass viele Barkeeper am Abend gar keinen Kaffee verkaufen wollen.

Über Milo Kamil

Milo Kamil ist Leiter des Coffee Lab Zurich und autorisierter SCA-Trainer. Er ist mehrfacher Sieger bei den Schweizer Kaffeemeisterschaften und amtierender Schweizer Meister in der Kategorie Coffee in Good Spirits.

Was auch völlig verständlich ist. Es gibt viele Bars, die nach einem gewissen Zeitpunkt aus finanziellen Gründen keinen Latte Macchiato servieren wollen.
Schon. Aber wenn man Kaffee mit Spirituosen kombiniert, wird es wieder interessant. Auch für Cafés. Als Barista kann ich, wenn ich will, Kaffee-Cocktails ja bereits um zwei Uhr nachmittags oder zum Brunch pushen. Gerade für Betriebe, die nicht nur am Abend offen sind, können Kaffee-Cocktails sehr interessant sein.

Welches sind die Anforderungen an Kaffee- Cocktails, die in dieses Zeitfenster passen?
Das ist stark vom Individuum abhängig. Es gibt jene, die sich nach dem Mittagessen auf etwas süssliches, dessertmässiges einlassen möchten. Andere möchten vor dem Abendessen einen leichten Aperitif. In unserer Kultur ist der Espresso zwar nach dem Essen normal, es ist aber durchaus auch interessant, vor dem Essen Kaffee zu trinken.

Der wachmachende Effekt von Koffein und jener von Alkohol ist eine sehr interessante Kombination (lacht). In jedem Fall sollten solche Drinks etwas leichter sein. Kaffee muss in diesen Fällen nicht die Basis sein, er ist aber interessant als zusätzlicher Aromageber.

Wie geht ein Barista vor, wenn er oder sie einen Cocktail kreieren will?
Für die Meisterschaft sind die Vorgaben so, dass der Kaffee im Cocktail präsent sein muss. Das heisst, ich extrahiere und degustiere zuerst den Kaffee und suche dazu anschliessend die passende Spirituose. Wenn ich im Kaffee etwa eine fruchtige Erdbeer-Note habe, kann ich mir eine Spirituose mit Schokoladen-Note aussuchen, weil sich diese Aromen sehr gut ergänzen.

Was ich aber unbedingt berücksichtigen muss: der Geschmack von Kaffee verändert sich, wenn m an ihn herunterkühlt. Bei Filterkaffee kann man es beispielsweise sehr gut beobachten, wie die Fruchtsäure bei tieferen Temperaturen hervortritt. Darum extrahiere ich meist den Kaffee, lasse ihn kalt werden und degustiere ihn erst dann.

Man kann Kaffee für eine Schicht vorproduzieren.

Milo Kamil

Und wie finde ich den richtigen aus gefühlt hunderttausenden von verschiedenen Kaffees?
Es gibt generelle Geschmacksbeschreibungen für verschiedene Regionen. Äthiopisch eher blumig und beerig-fruchtig. Brasilien Nuss und Schokolade. Indonesien kräftig und würzig. Aber schlussendlich muss man sich die Information von jedem Kaffee auf der Verpackung oder von sonst wo suchen. Die Frage ist immer auch, ob ich ein Aroma hervorheben oder eine neue Note reinbringen möchte.

Wenn man einen Espresso in einen Cocktail gibt, dann wird er sehr intensiv nach Kaffee schmecken. Wie kann man Kaffee dezenter einsetzen?
Persönlich mixe ich sehr gerne mit Espresso. Aber wenn ich nur einen Barlöffel Espresso in den Cocktail geben würde, wäre es ja schade um den restlichen Espresso. Daher spricht meiner Ansicht nach nichts gegen eine gute Mis-en-Place. Man kann Kaffee für eine Schicht vorproduzieren. Dadurch spart man nicht nur Zeit, sondern hat auch den Vorteil, dass man den Kaffee nicht heiss in den Shaker geben muss.

Cornetto Liquido

by Milo Kamil, Coffee Lab Zurich
1Espresso (Natural Colombian Coffee)
4 clLa Peruana Pisco
3 clFrangelico
4 clMelted Caramel Soft Ice

Zubereitung: Alle Zutaten auf Eis shaken und ohne Eis in einen Tumbler aus Metall abseihen. Eine Prise Salz dazugeben.

Cloudy Bears

by Milo Kamil, Coffee Lab Zurich
1Espresso (Natural Colombian Coffee)
2 clAarver Gin
5 clCascara (Kaffeekirschen-Schalen) Sirup (Erlkönig, verdünnt 1:100 Ratio)
1 clCrème de Cacao

Zubereitung: Alle Zutaten mit der Dampflanze der Espresso-Maschine auf 50°C erhitzen.

Deko: Gummibärchen an einen Stick stechen und danach mit Zuckerwatte verstecken. Das heisse Getränk wird vor dem Gast eingegossen auf einem Glas mit dem Zuckerwatteball. Die Gummibärchen werden langsam sichtbar, wenn die Watte langsam schmilzt.

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