Shaken, not stirred! Würde James Bond heute seinen Vodka Martini bestellen, die Chancen wären gut, dass er seinen Cocktail pre-batched aus dem Gefrierfach serviert bekäme. «À la minute» oder «prebatched » ist denn auch eine der grossen philosophischen Fragen der heutigen Barszene.
Während einige die Magie und das Handwerk des Bartenders verfechten, schwören andere auf Konsistenz, Geschwindigkeit und Wirtschaftlichkeit. Doch schaut man genau hin, liegt keine der dogmatisch-orthodoxen Schulen richtig. Von Drink zu Drink, von Bar zu Bar kann es sinnvoller sein, mit Pre-Batches zu arbeiten – oder auch nicht. Zur Cocktail-Kultur gehört etwas Showmanship. Das war bereits eine Tatsache, als Jerry Thomas seinen Gästen einen Blue Blazer zauberte.
Die Faszination für die Arbeit hinter der Theke – wo idealerweise jeder Handgriff eine Bedeutung hat, wie bei einer japanischen Tee-Zeremonie – rechtfertigt für viele den Preis eines Cocktails. Doch nun, da das Vorbild Tom Cruise verblasst und der Begriff «Mixologe» weitgehend aus dem Sprachgebrauch des modernen Barkeepers verschwunden ist, besinnen sich viele Barkeeper zurück. Die Magie sollte in der ganzen Bar spürbar sein: Vom Gastgebertum bis zum Glasinhalt.
Für einen Hugo muss man einmal zur Eisschaufel, dreimal zu einer Flasche und zweimal zur Deko-Zange greifen. Gleichwohl dürften die wenigsten sagen, dass in einem Milk Punch weniger «Magie» steckt. Dazu stellt sich die Frage: wie viele von meinen Gästen haben überhaupt freie Sicht auf die Theke? Gut möglich, dass viele den visuellen Auftritt des Drinks höher gewichten als jenen des Barkeepers.
Betriebswirtschaftliche Überlegungen
Das grösste Argument für pre-batched Cocktails dürfte wirtschaftlicher Natur sein. Egal ob von einem Profi oder einem Studi exekutiert: ein pre-batched Cocktail ist nun mal schneller beim Gast, als ein à la minute zubereiteter. Auch bei Spitzenzeiten einen schnellen Service garantieren zu können, lohnt sich doppelt. Während der eine Gast noch auf seinen 7-Zutaten-Drink wartet, nippt der andere bereits an seinem zweiten pre-batched Negroni.
Auf der Kostenseite ist der Vorteil weniger eindeutig. Zwar können auch ungelernte (und somit günstigere) Mitarbeitende so erstklassige Drinks zubereiten, die Zeit für die Vorbereitung muss aber zwingend in den Verkaufspreis einkalkuliert werden. (Wie lange drehte der Rotationsverdampfer oder die Zentrifuge?) Zudem besteht das Risiko, dass je nach Cocktail-Zutaten ganze Batches ungeniessbar werden.
Technische Umsetzung
Im besten Fall hat ein pre-batched Cocktail eine Qualität, wie sie, à la minute zubereitet, gar nicht umsetzbar wäre. Im schlechtesten Fall ist die Qualität schlechter. Diese fünf Punkte sollten in jedem Fall berücksichtigt werden:
1. Verwässerung und Temperatur berücksichtigen
Zutaten für Cocktails haben meist Zimmertemperatur, Pre- Batches werden hingegen oft auf Grund der Haltbarkeit gekühlt, wenn nicht sogar tiefgekühlt. Schmelzwasser, das beim Rühren oder Shaken in den Drink gelangt, muss folglich in die Rezeptur eingerechnet werden.
2. Fassmanagement für barrel-aged-Cocktails
Was für Whisky gilt, gilt auch für barrel-aged Cocktails. Anzahl der Refills, Vorbelegung und Zeit beeinflussen den Geschmack des gelagerten Inhalts. Da bei den gängigen Cocktail-Fässchen wenig Flüssigkeit mit viel Holzoberfläche in Kontakt tritt, ist die Holznote schnell mal zu dominant. Daher den Drink am besten nach dem Ausbau in eine Glasflasche abfüllen.
3. Flasche oder vom Fass?
Glasflaschen sind eine Möglichkeit, pre-batched Cocktails aufzubewahren und auszuschenken. Der Cocktail vom Zapfhahn ist eine weitere Option. Dies ist insbesondere für Highballs interessant. Je nach Druck und Gasgemisch kann man damit auch Drinks vom Negroni bis zum Nitro-Espresso- Martini vorbereiten. Doch Vorsicht! Vielerorts limitiert ein Vertrag mit dem Bierlieferanten die Benutzung der Zapfanlage.
4. Vorgemischte Zutaten
Wie lange ist mein Cocktail haltbar und muss der ganze Drink pre-batched sein? Reicht es, wenn ich Spirituosen, Vermouth und Sirups vormische oder kann ein Cordial mein Leben erleichtern? Eine vorgemischte Zutat mit Säurequelle und Filler mixen, kann den Zeitbedarf eines Drinks bereits stark reduzieren. In jedem Fall sollte man beim Hochskalieren der Rezeptur Zutaten mit intensivem Aroma wie Cocktail-Bitters erstmal zurückhaltend einsetzen.
5. Spezialwünsche und à la minute-Rezeptur
Was tun, wenn der Batch ausverkauft ist? Was, wenn ein Gast eine bevorzugte Spirituose oder eine Allergie hat? Trotz Pre-Batches sollten Barkeeper stets auf Spezialwünsche vorbereitet sein und wenn möglich darauf eingehen können.