Besser mit Bubbles

Von Prosecco bis Champagner

Sie schäumen mit unterschiedlicher Intensität, verbreiten die verschiedensten Aromen und wecken mit unverrückbarer Garantie ein Gefühl des speziellen Moments. Die Rede ist von Schaumweinen. Dem önologischen Getränk der Zeit.

Schaumwein passt nicht nur zur Jahreszeit, sondern generell zum Moment. Bollicine sind populärer denn je, weniger weil man etwas zu feiern hat, sondern vielmehr, weil man in dieser schwierigen Zeit Momente der Leichtigkeit einbauen will. Und wenn ein Wein dazu prädestiniert ist, dann ist es der Schaumwein.

Spricht man von ihnen, wird dafür in den meisten Fällen der Begriff «Champagner» verwendet. Was nicht immer ganz korrekt ist, zumal nur Weine aus der Champagne so genannt werden dürfen – mit einigen Ausnahmen (aber das ist ein anderes Thema). Der Rest heisst eben Schaumwein oder wenn man von einer spezifischen Region spricht Cava (Spanien), Sekt (Deutschland), Spumante, Franciacorta (Italien), Sparkling (Neue Welt). Auch in der Schweiz werden zahlreiche Schaumweine produziert, und zwar in allen Weinbauregionen.

Schaumweine können sowohl aus Weiss- wie auch aus Rotweintrauben vinifiziert werden. Je nach Region und Stil des Hauses werden sie aus einer oder mehreren Traubensorten hergestellt und sind verschieden komplex. Generell können wir zwischen zwei ganz unterschiedlichen Produktionsmethoden auswählen – der traditionellen Methode und der autoklaven Methode aus dem Tank. Beide basieren auf demselben Prinzip, bei dem die Umwandlung von Zucker in Kohlensäure dank Einsatz von Hefen erreicht wird.

Im Gaumen ist es nicht immer einfach, sofort zu erkennen, welche Methode eingesetzt worden ist, wobei die traditionell produzierten Schauweine (zu denen auch der Champagner gehört), meinst etwas komplexer und intensiver sind, als die, die den grossen Tank als Herkunft haben. Der Autoklav ist ein gasdicht verschliessbarer Druckbehälter, der mit stillem Wein, Zucker und Hefe aufgefüllt wird.

Nach einer gewissen Zeit reagiert die Hefe mit dem Zucker und die zweite Gärung, bei der die CO2-Bläschen entstehen, beginnt. In der Regel dauert dieser Prozess etwa 30 Tage – bei der Flaschengärung dauert er von einigen Monaten bis mehreren Jahren. Ein Faktor, der sich auch im Verkaufspreis widerspiegelt. Meist sind die günstigeren Schaumweine im Tank und nicht in der Flasche entstanden.

Kalt und aus einem bauchigen Glas

Gleich wie ein Schaumwein produziert worden ist, sollte er immer schön kühl genossen werden. 8 bis 10 Grad sind ideal – ein im Geschmack frischerer kann auch kühler serviert werden und einer, der eher opulent und kräftig ist, kann auch ein Grad mehr haben. Zu warm darf er allerdings nicht werden, denn sonst wirkt er pappig und platt. Auch wirken dann die CO2-Bläschen unangenehm im Gaumen. An ihnen erkennt man übrigens die Qualität eines Schaumweins. Idealerweise sind sie fein, dicht und delikat.

Was vor ein paar Jahren noch als önologischer Faux Pas galt, ist jetzt salonfähig. Wer heute in sein will, geniesst seinen Schaumwein aus einem bauchigen Glas voller Eiswürfel. Das Konzept ist dasselbe wie bei einem «gespritzten Weissen» – ein Glas voller Eis und dann mit Schaumwein auffüllen. Lanciert wurde die Idee von den wichtigen Champagnerhäusern, die Produkte wie Moët Ice Imperial, Ice Impérial Rosé oder Pommery sur glace kreiert haben. Inzwischen bieten auch Cava oder Sektproduzenten diese prickelnde Erfrischung an.

Generell sind solche Abfüllungen aromatischer und auch etwas süsser im Geschmack und können sowohl zur Party als auch zu kulinarischen Kreationen genossen werden, deren Aromen bunt gemixt sind. Wie bereits erwähnt, sind Schaumweine und besonders Champagner beliebter und gesuchter denn je. Den Lockdowns während Covid-19 haben wir das Phänomen zu verdanken, dass die Nachfrage nach Schaumweinen aller Art massiv zugenommen hat.

Als ob der Schaumwein nicht mehr allein an formellen Events und Festen entkorkt wird, sondern in einem viel entspannteren Kontext. Auch um sich selber etwas zu gönnen – angesichts des negativen Umfelds. Der Champagner-Markt scheint sich im Moment sogar zu überhitzen. Die Gesamtlieferungen von Champagner im Jahr 2021 stiegen auf 322 Millionen Flaschen, was einer Steigerung von 32 Prozent gegenüber 2020 entspricht. Die Exporte stiegen weiter auf einen neuen Rekordwert von 180 Millionen Flaschen.

Glaswahl

Neben der klassischen Flûte werden Champagner-Weingläser immer populärer. Ihre leicht bauchige Form trägt dazu bei, dass sich der Wein besser entfalten kann und man so die unterschiedlichen Aromen schöner erkennt. Natürlich kann man dieses Glas auch für andere Schaumweine verwenden, wobei wichtig ist, dass die zweite Gärung in der Flasche stattgefunden hat (wie beim Champagner). Das wären zum Beispiel Franciacortas, Crémants oder auch einzelne Cavas. Die Flûte ist oftmals zu eng und schmal, um das Bouquet eines schönen Champagners in seiner vollen Pracht zu zeigen. Daher bei einer Flûte stets darauf achten, dass das Glas eine grössere Öffnung hat und bauchig geformt ist, sodass der Champagner gut in der Nase und am Gaumen wahrgenommen wird und sich schön entfalten kann. Dies ist ganz wichtig bei Jahrgangschampagnern. Falls man einen edlen Champagner entkorkt und nur dünne Flûtes zur Auswahl hat, würde ich ihn aus dem Weissweinglas servieren.

Jean-Marie Barillère, Präsident der Union des Maisons de Champagne und Co-Präsident des Comité Champagne, prognostiziert, dass die bekannten Bubbles einen Rekordumsatz von mehr als 5,5 Milliarden Euro erreichen werden. Ein Problem, dass sich allerdings auch in diesem Sektor abspielt sind die steigenden Preise, das Chaos im Bestands- und Allokationsmanagement sowie die Lieferkettenprobleme. Für Weinkonsumenten ist es im Moment sehr spannend – wenn auch unruhig, zumal in den kommenden Monaten eine Fülle an neuen Kreationen auf den Markt kommen werden – von den ganz günstigen, bis zu den hochpreisigen und virtuellen NFT’s.

Österreich und Deutschland im Fokus

Eine Region, die man besonders beobachten sollte, ist der deutschsprachige Raum – also Deutschland und Österreich. Beide – wenn auch unabhängig voneinander – stellen ihre lokale Bollicine-Produktion mehr und mehr ins Zentrum und werten sie dadurch automatisch auf. In Österreich findet beispielsweise am 22. Oktober des Jahres der «Tag des österreichischen Sekts» statt. Vom funky Pet Nat Perlwein bis zum komplexeren österreichischen Sekt stehen im Mittelpunkt.

In unserem Nachbarland werden knapp 47’000 Hektar Reben kultiviert, was etwa drei Mal der Fläche der Schweiz entsprich. Zwei Drittel der Rebfläche ist mit weissen Sorten bestockt, wobei der Grüne Veltliner von der Gesamtfläche 31 Prozent ausmacht. Bei den Rotweinen ist der Blaue Zweigelt mit 14 Prozent die Nummer eins. Interessant ist, dass inzwischen 14 Prozent aller Reben biologisch kultiviert werden, was auch bei der Verkostung dieser Schaumweinselektion aufgefallen ist, zumal die meisten biologisch, biodynamisch oder gar natürlich produziert sind.

«Unsere Sekte haben höchste Qualität, auch international werden sie immer gefragter.»

Chris Yorke, Geschäftsführer der ÖWM (Österreich Wein Marketing GmbH)

Von der jährlichen Produktion werden 10 Prozent zu Schaumwein verarbeitet, was beachtlich ist. Österreichischer Qualitätsschaumwein (Sekt) darf ausschliesslich aus Qualitätsrebsorten hergestellt werden. Das Kohlendioxid muss dabei durch alkoholische Gärung in der Flasche oder im Tank entstanden sein. Für die Produktion werden verschiedene Verfahren angewendet: die Flaschengärung (klassische Methode), das Transvasierverfahren (Filtrationsenthefung) oder die Tankgärung (Méthode Charmat). In Österreich hat Sekt als Qualitätsschaumwein die wichtigste Bedeutung.

Seit 2021 werden zudem die Gütezeichen «Sekt Austria» (frischer Schaumwein), «Sekt Austria Reserve» (18 Monate Flaschengärung) und «Sekt Austria Grosse Reserve» (36 Monate Flaschengärung) verwendet. Dass funktioniert auch gut für den Export. So verbuchten die österreichischen Schaumweine 2021 eine Steigerung von 34 Prozent. Dazu meint Chris Yorke, Geschäftsführer der ÖWM (Österreich Wein Marketing GmbH): «Unsere Sekte haben höchste Qualität, auch international werden sie immer gefragter. In den letzten zwei Jahren konnten wichtige Schritte gesetzt werden, um österreichischen Sekt geschützten Ursprungs unverwechselbar auf dem Markt zu positionieren. Die Klassifizierung ‹Sekt Austria› ist international leicht verständlich und unmissverständlich.»

Sekt als Schimpfwort

Interessant dabei ist, dass der Begriff «Sekt» lange Zeit eher Schimpfwort als Qualitätszeichen war. Es stand für Flaschen mit billigem, leichtem Sprudel mit widerlichen Plastikkorken, die am Neujahrstag auf der Strasse neben den Trümmern abgebrannter Feuerwerkskörper zu finden waren. Davon kann auch die deutsche Weinindustrie ein Lied singen, deren Schaumweine wie die Österreichs jedoch eine wahre Renaissance erleben – wenn auch Punkto Volumen noch etwas kleiner.

Das Gütesiegel heisst hier «VDP Sekt» und «VDP Sekt Prestige». Dazu meint VDP Präsident Steffen Christmann: «Mit dem VDPSekt-Statut starten wir eine Qualitätsoffensive für deutschen Sekt. Unsere strikten Qualitätskriterien entsprechen höchsten internationalen Anforderungen. Das Statut ermöglicht, dass sich unsere Weingüter kontinuierlich fortentwickeln. Uns geht es darum, mit dem Sektsiegel Leuchtturmsekte auszuzeichnen, die zu den grossen Schaumweinen der Welt zählen. Wir geben damit Weinliebhabern einen Qualitätskompass in die Hand.»

«Mit dem VDP-Sekt-Statut geht es uns darum, Leuchtturmsekte auszuzeichnen, die zu den grossen Schaumweinen der Welt zählen.»

VDP Präsident Steffen Christmann

Die traditionelle Flaschengärung ist für die VDP-Sekte obligatorisch. Jahrgangssekte müssen mindestens 24 Monate bzw. 36 Monate auf der Hefe liegen. Grosse Sekte dürfen auch viel länger reifen. Für die Erzeugung der Sekt-Grundweine gelten die strengen Erzeugungsrichtlinien des VDP. Zusätzliche Sektparameter werden in einem eigenen VDP-Lastenheft geregelt. So darf zum Beispiel nach dem VDP-Sekt-Statut erzeugter Sekt nur aus dafür geeigneten, gutseigenen Weinbergen stammen.

Diese werden vom Anschnitt bis hin zur – für Schaumwein traditionell frühen – Lese entsprechend gepflegt und grundsätzlich von Hand gelesen. Die Rebsorten definiert jede Region individuell, klassischerweise sind das Riesling und die Burgundersorten, ergänzt um regionale Klassiker. Unter den Schaumweinen hat Cava immer einen ganz eigenen leicht erkennbaren Geschmack – was natürlich mit den verwendeten Traubensorten zu tun hat.

Macabeo ist eine der drei Rebsorten, die die Dreifaltigkeit des Cava bilden, und die am häufigsten angebaute innerhalb der Ursprungsbezeichnung (D.O.) Cava. Diese Sorte stammt vermutlich aus dem Penedés-Gebiet, insbesondere aus Vilafranca, und wurde erstmals 1617 erwähnt.

Herstellung des Proseccos

Nach der Ernte der Glera-Trauben nimmt die Produktion von Weisswein ihren Lauf: der Zucker wird in Alkohol und Kohlendioxid umgewandelt. Die Gärung dauert zwischen 15 bis 20 Tage bei einer Temperatur von höchstens 18°C. Der erste Wein, der abgefüllt werden kann, ist der Prosecco Tranquillo (Stillwein), während der Frizzante (Perlwein) und Spumante (Schaumwein) eine natürliche zweite Gärung durchlaufen. Die Zweitgärung nach italienischer Methode - auch Martinotti-Methode genannt - erfolgt in grossen druckdichten Behältern, den sogenannten Autoklaven. Hier erhält der Wein seine berühmten Perlen. Gegen Ende der Schaumweinbereitung, die mindestens 30 Tage dauert, wird durch Absenken der Temperatur die Gärung gestoppt und ein Restzucker beibehalten, um eine gewisse aromatische Signatur zu erreichen. Bei der Kreation von Rosé-Prosecco wird lokaler Pinot-Nero-Wein mit einem Anteil von 10 bis 15 Prozent mit dem Glera verschnitten, um einen hellrosa Wein für die Schaumweinbereitung zu erhalten. Das ProduktionsVerfahren ist dasselbe wie beim Prosecco DOC, mit dem Unterschied, dass die Schaumbildung nicht weniger als 60 Tage dauern darf, um dem Prosecco DOC Rosé mehr Stabilität und Rundheit zu verleihen.

Xarel·lo ist eine weitere Rebsorte, mit der Cava am engsten verbunden ist. Diese Sorte gilt als autochthon in ihrer Ursprungsregion Penedés in Katalonien und wurde erstmals 1785 in Sitges erwähnt. Xarel·lo ist dank seiner breiten Verwendung als am zweithäufigsten angebaute Sorte der Region D.O. Cava. Xarel·lo bildet zusammen mit den Sorten Macabeo und Parellada die klassischste Cava-Coupage. Erlaubt sind aber auch Monastrell, Subirat, Trepat, Grenache, Chardonnay und Pinot Noir.

2021 hat auch diese Region ein neues Klassifizierungssystem für die Schaumweine eingeführt – mit dem Ziel der Qualitätskontrolle und Steigerung. Kurz – es brodelt kräftig im Schaumweinsektor – und zwar nicht zu knapp und dies im positiven Sinne. Schaumweine sind der Trend und es ist eine allgemeine weltweite Valorisierung in diesem Sektor festzustellen – nicht nur in der Champagne. Gleichzeitig hat sich der Zugang und der Genuss der schäumenden Weine auch aufgelockert und es braucht nicht zwingend einen speziellen Moment, um die Korken knallen zu lassen.

Dieser Artikel erschien in
Ausgabe 5-2022

BAR NEWS-Magazin als Einzelausgabe

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