Der Wermut, ein Beifussgewächs (Artemisia absinthium), ist eine stark riechende und bitter schmeckende Pflanze, die seit der Antike in der Heil- und Zauberkunde eine grosse Rolle spielt. Wie die Galle ist Wermut das Sinnbild des Bitteren, wovon ein einziger Tropfen genügt, um ein Getränk (beispielsweise Wein) in einen bitteren Trank zu verwandeln. Der Wermutwein galt wegen seines geringen Preises als bevorzugtes Getränk armer Obdachloser (der sogenannten Wermutbrüder). Die Redensart bezieht sich auf den bitteren Geschmack des Wermuts, der als Beimischung dem Getränk eine unangenehme Note verleiht.
Wermut oder Vermouth
Die Spirituosenverordnung schreibt vor, das Wermut-Weine als Erzeugnis zu mindestens 75 Prozent aus Wein bestehen müssen. Erlaubt ist die Zugabe von Zucker und Zuckercouleur. Daraus ergeben sich folgende Unterscheidungen:
- Extra dry: unter 30 Gramm Zucker je Liter und ein Mindestalkoholgehalt von 15 Volumenprozent
- Dry: unter 50 Gramm Zucker sowie ein Minimum von 16 Volumenprozent
- Semi dry: zwischen 50 und 90 Gramm Zucker je Liter
- Semi sweet: zwischen 90 und 130 Gramm Zucker
- Sweet: ab 130 Gramm je Liter, 150 Gramm sind weit verbreiteter Usus
Herstellung von Vermouth
Die Herstellung von Vermouth beginnt mit einem Basiswein, der mit einer Mischung aus Kräutern und Gewürzen aromatisiert wird. Typische Zutaten sind Wermutkraut, Beifuss, Bitterorange, Chinarinde, Enzian, Vanille und Zimt. Die Mischung wird dann durch Zugabe von Alkohol verstärkt (aufgespritet), um einen höheren Alkoholgehalt zu erreichen. Vermouth wird mittlerweile in vielen Ländern hergestellt, doch gibt es sogar zwei geschützte Herkunftsbezeichnungen: Vermouth di Torino und Vermouth de Chambery.
Vermouth di Torino
Diese italienische DOC existiert seit Ende 2016 für Wermut aus dem Piemont (aus dem Gebiet um Italiens Ex-Hauptstadt). Vermouth di Torino muss zwischen 16 bis 22 Volumenprozent enthalten und muss mindestens einen Wein aus dem Piemont enthalten. Will man diesen auf der Flasche angeben, muss der Anteil dieses Weins mindestens 20 Prozent betragen. Die Benutzung von echtem Wermutkraut (Artemisia absinthium) ist vorgeschrieben und dieses muss auch deutlich hervorschmecken. Der Zuckerzusatz darf durch Karamell, Honig, Most oder normalen Zucker erfolgen:
- Extra Secco: < 30 Gramm je Liter
- Secco: < 50 Gramm je Liter
- Dolce: > 130 Gramm je Liter
Markenbeispiele sind der allseits bekannte Cinzano, die Marke Martini & Rossi (mit der Ambrato Version), Vermouth del Professore oder Carpano.
Vermouth Superiore
Ist eine Unterkategorie des Vermouth di Torino, die mindestens 17 Volumenprozent enthalten muss und deren Basisweine zu mindestens 50 Prozent aus dem Piemont stammen müssen. Zudem müssen die verwendeten Kräuter ebenfalls zu 50 Prozent aus dem Piemont stammen.
Vermouth de Chambery
Ist die einzige französische AOC für Wermutwein und es verbleibt zurzeit nur noch ein Produzent, der nach dieser AOC produziert: Dolin. Dolin Vermouth Dry ist ein hochwertiger weisser Vermouth aus Chambéry in Frankreich. Auf Basis hochwertiger Weine hergestellt, wird Dolin Dry mit feinen Kräutern der französischen Alpen verfeinert, die dort wild wachsen und frisch gesammelt werden. Dieser Wermut zeichnet sich durch seinen frischen und seinen ausgeglichenen Geschmack aus. Seit 1821 wird Vermouth de Chambéry nach dem gleichen Rezept hergestellt.
Vermouth gibt es nicht nur in diesen beiden Ländern, sondern auch in Spanien. Spanien hat eine lange Tradition in der Vermouth-Herstellung, insbesondere in Regionen wie Katalonien. Hier wird Vermouth oft als Aperitif vor dem Mittag- oder Abendessen genossen. Bars bieten oft eine Auswahl an Vermouthsorten, begleitet von Oliven, Mandeln oder anderen traditionellen Tapas, an. Spanischer Vermouth zeichnet sich oft durch kräftige Kräuteraromen und eine ausgewogene Süsse aus. Bekannte Marken wie Martini, Yzaguirre, Casa Mariol und Miró haben in Spanien einen hohen Stellenwert.
Unterschiedliche Schreibweisen
In deutschsprachigen Ländern wie Deutschland, der Schweiz und Österreich wird oft die Schreibweise «Wermut» verwendet. Diese Schreibweise ist etymologisch näher am Ursprung des Wortes, das vom lateinischen Begriff «vermutum» abstammt. In anderen Ländern, insbesondere in englischsprachigen Regionen und in den Herkunftsregionen des Getränks, wie Italien und Frankreich, wird hingegen häufig die Schreibweise «Vermouth» bevorzugt. Inhaltlich beziehen sich beide Begriffe auf einen mit Gewürzen und Kräutern aromatisierten und aufgespriteten Wein, der einen vorgeschriebenen Alkoholgehalt zwischen 14,5 und 21,9 Volumenprozent haben muss und je nach Deklarierung unterschiedlich hohe Zuckergehalte aufweisen muss. Als eines der Kräuter muss eine oder mehrere Sorten Wermutkraut zugegeben werden. Diese Aromatisierung verleiht dem Getränk seinen charakteristischen Geschmack und macht es zu einem beliebten Bestandteil von Cocktails oder einem eigenständigen Aperitif.
Vermouth, alkoholfrei
Mit dem wachsenden Interesse an alkoholfreien Getränken haben auch alkoholfreie Vermouth-Varianten an Beliebtheit gewonnen. Diese Alternativen bieten den gleichen aromatischen Genuss wie traditioneller Vermouth, ohne den Alkoholgehalt. Hersteller verwenden oft Extrakte von Kräutern und Gewürzen, um das authentische Geschmacksprofil zu bewahren.
Diese alkoholfreien Vermouths sind eine hervorragende Wahl für Menschen, die den Geschmack von Vermouth ohne die Wirkung des Alkohols geniessen möchten. Einige Beispiele für diese Kategorie sind Jsotta senza, Rebels, SI off, alle aus der Schweiz oder die internationalen Marken wie Lyre’s, Martini etc.
Beliebte Anwendungen von Vermouth
Vermouth ist nicht nur pur ein gern getrunkener, leichter und aromatischer Genuss, sondern auch eine Schlüsselzutat in vielen klassischen Cocktails. Der Martini, der Manhattan und der Negroni sind nur einige Beispiele. Hier kommt es, neben der Auswahl der anderen Zutaten, sehr auf die Wahl des passenden Vermouth an, um Varianten der Klassiker neu zu interpretieren. In Spanien ist der «Vermut con soda» ein verbreiteter Aperitif, bei dem Vermouth mit Sprudelwasser und einer Orangenscheibe serviert wird.
Vermouth bietet je nach Erzeuger und Zusammensetzung eine breite Palette von Geschmacksrichtungen von süss bis herb, und hat in verschiedenen Kulturen eine feste Verankerung gefunden. Die zunehmende Verfügbarkeit von alkoholfreien Vermouths erweitert zudem die Vielfalt und Zugänglichkeit dieses klassischen Getränks. Egal, ob man sich für die traditionellen oder alkoholfreien Varianten entscheidet, Vermouth bleibt ein faszinierender und vielseitiger Bestandteil der Welt der Aperitifs.