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Sloe Gin

Schlehenlikör, nicht Entschleunigungs-Gin! Um Sloe Gin ranken sich einige Mythen, weshalb er an der Bar teilweise falsch eingesetzt wird. Ein Annäherungsversuch zu einer vielfach missverstandenen Ingredienz.

Nun hängen sie wieder reif am Waldrand und in der Hecke. Die kleinen Früchte des Schwarzdorns, die mehr an übergrosse Heidelbeeren erinnern als an die kleinen wilden Pflaumen, die sie eigentlich sind. Schlehen, Sloe auf Englisch, wachsen in den meisten Regionen Europas und werden vielerorts auch konsumiert. Wobei die Früchte für den rohen Genuss nicht wirklich prädestiniert sind. Einerseits ist das Verhältnis Fruchtfleisch zu Stein sehr klein. Andererseits hinterlässt ihr hoher Anteil an Gerbstoffen ein pelziges, adstringierendes Gefühl auf der Zunge. Dieser wird zwar stark abgebaut, wenn im Herbst die ersten Frostnächte über das Land ziehen, dennoch geniesst man die Früchte besser im verarbeiteten Zustand.

Die Familienzugehörigkeit zu Zwetschgen erkennt man an der Haut der Frucht, die einen weisslichen Film aufweist. Ein weiterer Indikator ist der französische Name der Frucht. «Prune» bezeichnet die Zwetschge, «Prunelle » die Schlehe. Was für den Schwarzdorn gilt, gilt auch für die Spirituosenspezialitäten mit Schlehen. Viele Länder kennen Schlehenliköre, etwa Pacharán in Spanien, beziehungsweise Patxaran im Baskenland – ein Anis-Schlehen-Likör. Auch in Frankreich werden Liqueurs de Prunelle hergestellt und sogar Jägermeister führte mit «Schlehenfeuer» zeitweise einen Schlehen-Likör im Sortiment.

Doch der verbreitetste Likör ist zweifelsohne Sloe Gin. Wie bei den meisten anderen Spezialitäten werden auch hier Schlehen mit einer Spirituose angesetzt und vor der Abfüllung gesüsst. Da die Früchte frühestens ab Ende September geerntet werden und einige Wochen mazerieren müssen, assoziiert man Sloe Gin oft mit der Weihnachtszeit. Nicht wenige Sloe Gin-Produzenten verwenden für ihre Produkte daher auch zusätzliche «weihnachtliche» Botanicals oder gleich ein anderes Gin-Rezept. Der fruchtig-leichte Likör passt jedoch auch perfekt zu warmen Sommerabenden.

Von der Heimküche ins Spirituosenregal

Eine erstmalige Erwähnung fand der Sloe Gin in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Doch bis die Industrie den Likör in ihr Sortiment aufnehmen würde, sollten mehrere Jahrzehnte vergehen. Sloe Gin war – ähnlich wie Nocino, Röteli und auch Umeshu – eine Spezialität, die in den meisten Fällen jeder und jede bei sich selbst herstellte. Und es versteht sich von allein, dass das eigene Hausrezept jenes des Nachbarn überlegen war.

Jared Brown, Mitgründer von Sipsmith und Cocktail-Historiker, empfiehlt 250 bis 300 Gramm Schlehen für eine 70-cl-Flasche Gin. Nach einer Mazerationszeit von zwei bis drei Monaten wird die Flüssigkeit filtriert und mit Zucker und / oder Honig nach Gutdünken gesüsst. Wer nicht auf den ersten Frost warten will, gibt die reifen Früchte für einen bis zwei Tage in den Tiefkühler.

Beim Ernten wird klar, weshalb die Schlehe auch den Namen Schwarzdorn trägt. Wegen des spitzen Geästs sollte man die Ernte vorsichtig angehen. Die wenigsten Sloe Gin-Produzenten sammeln ihre Schlehen selbst, sondern werden diese zukaufen. Laut Gesetz darf anstelle der Früchte auch der Saft der Schlehen verwendet werden. Aus Schlehen lassen sich übrigens auch «falsche Oliven » herstellen – was sich ideal als Deko eines Sloe Gin-Cocktails eignet.

In Grossbritannien kennt man neben dem Sloe Gin auch den Damson Gin. Dafür werden die etwas grösseren «Damson Plums» mit Gin mazeriert. Bei diesen Früchten handelt es sich nicht um die Pflaumensorte Damasson rouge, aus der im Jura die Damassine destilliert wird, sondern um die Kriechen-Pflaume oder auch Kriecherl.

Cocktail-Klassiker mit Sloe Gin

Nachdem der Sloe Gin von britischen Gin-Produzenten gegen Ende des 19. Jahrhunderts ins Sortiment genommen wurde, schaffte er es noch gerade rechtzeitig den Sprung über den Teich. Noch vor der Prohibition in den Vereinigten Staaten taucht er als Cocktail-Zutat in diversen Barbüchern auf – und wurde dank dem Sloe Gin Fizz unsterblich.

Andere Klassiker kombinieren den Schlehenlikör mit Vermouth oder Rum. Wer mit Sloe Gin mixt, sollte sich stets bewusst sein, dass es sich dabei nicht um einen Gin, sondern um einen Likör handelt. Nicht nur ist Sloe Gin somit süsser, auch der Alkoholgehalt ist tiefer. Das gesetzlich vorgeschriebene Minimum beträgt 25 Volumenprozent. In einigen Drinks kann man etwa Kirschenlikör mit Sloe Gin ersetzen. Dies ist ein wesentlich ähnlicheres Substitut als ein klassischer London Dry. Kombiniert man Sloe Gin mit Zucker, anderen Likören oder gesüssten Fillern wie Tonic Water, sollte man die Dosierung in jedem Fall nicht dem Zufall überlassen.

Drei Cocktail-Klassiker mit Sloe Gin

Sloe Gin Fizz

5 clSloe Gin
3 clZitronensaft
1Bsp. Zucker
Fill up Soda

Zubereitung: Zutaten ohne Soda shaken und in Highball-Glas abseihen. Mit Soda auffüllen.
Deko: Zitronenzeste

Blackthorn Cocktail

3 clSloe Gin
3 clRed Vermouth
3 clDry Vermouth
2 DashesOrange Bitters
1 DashAngostura

Zubereitung: Rührglas
Deko: Zitronenzeste (und ein Lächeln)

Singapore Sling (Twist mit Sloe Gin)

4.5 clGin
1.5 clSloe Gin
1.5 clBénédictine
1.5 clLimette
Top off Soda
1 DashAngostura on Top

Zubereitung: Gästeglas
Deko: Cocktail-Kirsche

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