Alkoholfreie Biere

Diese Biere sind nicht ohne

Alkoholfreie Biere haben etwas zu bieten. Die steigende Nachfrage der Kundschaft ist ein klares Zeichen. Woher diese kommt und wie man Biere ohne Alkohol herstellt.

Alkoholfrei im Ausgang unterwegs zu sein war lange Zeit kein Spass. Oft blieb die Auswahl auf Wasser, zuckrige Limonaden und Clausthaler beschränkt; aufmunternde Sprüche («einer muss halt fahren») oder vielsagende Blicke (ob sie wohl schwanger ist?) waren inbegriffen. Doch seit ein paar Jahren gibt es einen eindeutigen Trend in die andere Richtung.

Beim Bier sprechen die Verkaufszahlen Bände. Obwohl der Bierkonsum in der Schweiz gesamthaft rückläufig ist, wurde im Braujahr 2023 so viel alkoholfreies Bier getrunken wie noch nie. Von 2010 bis 2023 wuchs der Anteil von 2,3 auf 6,3 Prozent. Bei einem Pro-Kopf-Konsum von 50 Litern, ist jedes 16. Bier eines ohne Alkohol. Für viele Brauereien ist es heute ein Muss, diese Sparte abzudecken.

Der Schweizer Brauerei-Verband SBV führt die steigende Nachfrage auf drei Gründe zurück. Zum einen sind es gesellschaftliche Veränderungen: man geht nicht mehr so oft in die Beiz, um eine Stange zu trinken. Zum anderen kommen veränderte Lebensgewohnheiten dazu: man geniesst Alkohol bewusster, alkoholfrei ist akzeptiert. Und schliesslich ist es auch die Auswahl: Sie ist so vielfältig und qualitativ hochstehend wie noch nie.

Entwicklung in der Schweiz

Spricht man über Bier ohne Alkohol, muss man unbedingt die Schweiz als Pionierin erwähnen. 1908 lancierte die Brauerei Haldengut aus Winterthur das «Perplex». Ein bierähnliches Getränk aus Malz und Hopfen. Brauereidirektor Fritz Schoellhorn (1863 – 1933) soll damals gesagt haben es sei «ganz annehmbar, wenn es kalt getrunken wird». So schreibt es Wirtschaftshistoriker Matthias Wiesman in seinem Standardwerk über Schweizer Brauereien «Bier und Wir».

Der Kundschaft schmeckte «Perplex » wohl nicht so gut, denn bereits 1913 verschwand es wieder. Aber es folgten andere wie das EX-Bier der Gurten Brauerei (Bern), Warteck alkoholfrei (Basel) oder Moussy von Cardinal (Freiburg). Als 1958 das Autofahren in angetrunkenem Zustand strafbar wurde, bekam die Bewegung weiteren Auftrieb. In den 1970er-Jahren warb die Zürcher Brauerei Hürlimann sogar mit Autorennfahrer Clay Regazzoni (1939 – 2006) für ihr alkoholfreies Produkt Birell.

Doch was bedeutet eigentlich alkoholfrei? Die gesetzliche Vorgabe bestimmt, dass ein alkoholfreies Getränk bis zu 0,5 Volumenprozent haben darf. Solch geringe Spuren können auch in Säften, Brot, überreifen Früchten oder fermentierten Lebensmitteln wie Sauerkraut enthalten sein. Bezogen auf die Fahrtüchtigkeit gibt es vor allem eine vielzitierte Studie der Universität Freiburg (D). Diese zeigte, dass der Konsum von 1,5 Litern Bier mit bis zu 0,5 Volumenprozent Alkohol keine nennenswerten Auswirkungen auf den Blutalkoholgehalt hatte.

Der Absatz von alkoholfreien Bieren hat sich im Braujahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 5,3 Prozent gesteigert. Im 10-Jahresvergleich hat sich der Anteil gar verdoppelt. Dieser Trend wird sich auch in diesem Jahr fortsetzen.

Unterschiedliche Herstellungsmethoden

Für eine Brauerei ist die Produktion alkoholfreier Biere technisch und geschmacklich gesehen eine Herausforderung, denn Alkohol ist ein starker Geschmacksträger. Er entsteht, indem die Hefe den Malzzucker aus dem Getrei-demalz verstoffwechselt. Bei diesem Gärprozess bildet sich nebst Kohlensäure auch das typische Bieraroma. In der Herstellung gibt es zwei hauptsächliche Wege. Einerseits kann man dem fertigen Bier im Nachhinein den Alkohol entziehen, zum Beispiel indem man es unter Vakuum destilliert oder filtriert.

Dabei gehen nebst Alkohol aber auch Aromen von Malz und Hopfen verloren. Einige Brauereien mischen deshalb nachher wieder vom ursprünglichen Bier bei, bis ein ausgewogenes Geschmacksverhältnis entsteht. Andererseits gibt es die wohl verbreitetere Methode der gestoppten Gärung. Dabei inaktiviert man die Hefe bevor die 0,5 Prozent-Grenze überschritten ist, indem man sie aus dem Bier entfernt oder das Bier erhitzt.

Diese Biere enthalten mehr Malzzucker und schmecken deshalb deutlich süsser, als die entalkoholisierten Varianten. Es gibt Brauereien, die setzen zudem spezielle Hefestämme ein. Diese können den in der Bier-Würze vorherrschenden Malzzucker gar nicht erst vergären. Sie schaffen es nicht, einen höheren Alkoholgehalt zu erreichen, ergeben aber ein ausgewogeneres Geschmacksprofil, als die gestoppte Gärung.

Dieser Artikel erschien in
Ausgabe 2-2024

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Die Akzeptanz bei den Gästen

Der Trend zu alkoholfreien Getränken wird sich voraussichtlich noch verstärken. Als Biersommelière glaube ich jedoch, dass gerade in Bars noch Luft nach oben ist. Ich schätze es etwa sehr, wenn es mehr als einen Bierstil zur Auswahl gibt. So macht sich auf der Karte neben einem Lager oder Weizenbier auch ein Pale Ale oder India Pale Ale gut.

Gerade diese Biersorten sind durch den Einsatz von Aromahopfen in der Nase sehr interessant. Spannend könnte auch der Einsatz von Bier in einem Mischgetränk sein. Klar, man kennt Panaché oder Radler, aber eine Bierbowle oder ein Bier-Cocktail bieten interessante Ansätze. Damit würden die alkoholfreien Biere endgültig aus der Verlegenheits-Ecke herausfinden. Sie haben es verdient.

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