Auszeichnung an Swiss Bar Awards 2022

Galerie Boutique Bar ist Best Newcomer Bar 2022

Mit der Galerie Boutique Bar ist Thun um eine Attraktion reicher. Während der Pandemie hat Inhaber Gage Plecic sich an die Realisierung der Bar am Aarequai gemacht. Seit letztem Jahr ist die Bar in Betrieb, zugleich eine Galerie und architektonisches Highlight in der Stadt. Wir gratulieren.

Eigentlich ist mein Lieblingsplatz immer an der, also vor der Bar gewesen», erzählt Gage Plecic bei unserem Besuch in der Galerie Boutique Bar am Thuner Aarequai. Die im Mai des Vorjahres eröffnete Einrichtung wurde bei den 20. SWISS BAR AWARDS zur besten Neueröffnung der Schweiz gekürt. Die Freude des Bar-Inhabers ist immens gross, und sein Team fühlt sich geehrt.

Bei der diesjährigen Jubiläumsverleihung der SWISS BAR AWARDS stand die Galerie Boutique Bar im Wettbewerb mit der neuen Genfer À l’Ancienne Bar und der Zürcher Einrichtung No Idea Bar. Als allesamt «supercoole Typen» bezeichnete Hans-Georg Hildebrandt, Gründer und Inhaber der Filler-Marke Gents, die Bewerber.

Michael Zotter würdigte deren Schritt in die Selbstständigkeit: «Gerade dieser Award steht stellvertretend auch dafür, dass Mut gerade in solchen unsicheren Zeiten besonders belohnt werden soll». Gage Plecic, der mit seinem Team zur Gala- Nacht in Baden angereist ist, hat nicht mit dem Sieg gerechnet. «Wir können nicht gegen eine Zürcher oder Genfer Bar gewinnen», dachte sich der Barbetreiber. «Klar, es wäre möglich, aber das haben wir nicht erwartet. Auch wenn das abgedroschen klingt».

Ein Award an der Aare in Thun

Nun befindet sich der SWISS BAR AWARD für die Best Newcomer Bar bereits dort, wo er hingehört: in der Galerie Boutique Bar am Thuner Ufer der Aare, gleich neben der Sinnebrücke. Viele Gratulanten aus Plecics Freundeskreis haben sich schon eingestellt, Punks aus der Clubszene, Künstler und Thuner Nachtschwärmer. Mehr als ein Jahrzehnt hat Plecic den VAMP Club und die rockige Tequila Bar La Cueva im Tarantino-Stil in der Unteren Hauptgasse betrieben.

Nebenher ist der Lebenskünstler auch als Frontman der Band Colafluid durchgestartet. «Wir waren in jeder Zeitung wie im Fernsehen vertreten und haben eine Menge Konzerte gespielt», erinnert sich Plecic, der heute nach einem Studium auch in der Multimedia- Design-Branche tätig war. Doch das Dasein als Sänger in Zeiten der Gratis-Downloads kostete Geld, der Mietvertrag für La Cueva lief im vergangenen Jahr aus, und die Corona-Pandemie trieb weiterhin ihr Unwesen.

Vom Rohbau zu Bargeflüster und Kunst

Gerade rechtzeitig ereilte ihn die Möglichkeit, das Haus in der Obere Hauptgasse 74 mit einem Lokalbetrieb zu übernehmen. Wenn man den damaligen Rohbau gesehen hat, wird deutlich, was Gage Plecic und seine Lebens- wie Geschäftspartnerin Rahel Wenger auf sich genommen haben. «Das Polizeiinspektorat ist an uns herangetreten und hat gefragt, ob wir den Laden nicht übernehmen wollen », erzählt Plecic. Er und Rahel Wenger standen vor den blossen Gemäuern im Erd- und Obergeschoss, ohne jegliche Stromleitungen oder Toilette-Anlagen geschweige denn Lüftungsvorrichtung, in Dunkelheit und unter einer niedrigen Decke. Die Würfel lassen er und Rahel im Oktober 2020 fallen. Sie entscheiden sich schnell zur Übernahme, um im Frühjahr darauf mit seiner neuen Bar an den Start zu gehen.

«Ich empfand den Ort als Kraftort, der von Wasser, den Bergen und Licht umgeben ist. So eine Erwartung hatte ich noch nie, denn bis dahin arbeitete ich als ‹Nachtschattengewächs› in Nachtclubs und in dunklen Kellern», sagt der Schweizer. Anfang November 2020 wurde der Umbau seitens der Behörde genehmigt, und mit den umfangreichen Arbeiten konnte begonnen werden. «Als damals während des Lockdowns alle frei hatten und sich langweilten, hatte ich den grössten Stress meines Lebens. Im Rahmen eines solchen Umbaus schwitzt man richtig Blut», erinnert er sich. Um die Gasträume nach oben zu öffnen und zu erhellen, liess er sogar einen Deckenrückbau durchführen.

Heute erstrahlt das Gebäude in neuem und wahrscheinlich erstmals in Glanz. Die Galerie Boutique Bar wurde am 1. Mai letzten Jahres nach dem zügigen viermonatigen Komplettumbau und einer Sanierung eröffnet. Durch den Deckenrückbau erwärmt das Licht den unteren Lokalbereich, bringt die violett- und goldfarbene Bestuhlung zum Vorschein. Eigens importierte, goldfarbene Lampen des Londoner und Plecics favorisierten Designers Tom Dixon von der Decke im oberen und freigelegten Teil des Gebäudes tun ihr Übriges. Sie hüllen den Raum in warmes Licht und sogar die Wasserreflexionen der Aare durchdringen die Bar mit rund 30 Sitzplätzen und Barhockern entlang des rückwärtigen Tresens. 

Barkultur an der Aare

Dort schmieden Plecic und sein Team vorwiegend an ausgefeilten Signature wie auch klassischen Cocktails. Die Drinkphilosophie: eine kleine, überschaubare Karte mit einigen wenigen Drinks auf Top-Level mit Sours, Klassikern oder Pre-Dinners und Signatures. Die Grundpfeiler der Rezepte fussen auf Frische und Nachhaltigkeit.

In der Galerie Boutique Bar werden alle Essenzen als Basis für Limonaden oder Zutaten für Cocktails selbst hergestellt. Eine Beeren-, Zitrus- (aus der Yuzu-Frucht» oder Pfirsich- Kaki-Essenz sind Fixbestandteile. «Wir hatten auch eine Grapefruit-Beerenessenz zum Verfeinern der Cocktails. Erst durch den Einsatz solcher Produkte wollen wir von Signature Drinks sprechen. Denn es geht immer um Geschmack. Damit holt man Gäste ab, und man kann sich als Bar auch ein wenig abheben», sagt Plecic.

Ein Negroni, eine Margarita oder ein Last Word gehören zum Standard- Repertoire der mit Zeichnungen illustrierten Barkarte. Sours auf Basis von Amaretto bis Whisky sind ebenfalls enthalten. Summer Specials wie ein Blueberry oder Ginger Mojito werden vielleicht bald den winterlichen Gelüsten weichen. Rhäzünser, Valaisannie oder Amber von Feldschlösschen Biere werden frisch gezapft. Flaschenbiere stammen aus dem lokalen Hause NIKKSON.

Alle Spirituosenkategorien von Absinth bis Vodka warten in der Backbar auf Abruf. «Gin & Pepper», ein «Frischer Fritz» auf Vodka-Basis mit Apfel, Gurke, Dill und Tonic oder ein «Canadian Ginger Fizz» untermauern den Weg als Cocktailschmiede gehobener Klasse.  

«Eigentlich ist mein Lieblingsplatz immer an der, also vor der Bar gewesen.»

Gage Plecic

Kunst in aller Visier

Die Einrichtung aber geht einen weiteren Weg und will auch Galerie sein. «Als wir den Deckenrückbau durchgeführt haben, kam uns der Gedanke, die Idee, hier an diesem Ort auch eine Kunstgalerie zu initiieren», erzählt Plecic. Das ist ihm gelungen. Alle zwei bis drei Monate gibt es Vernissagen und Ausstellungen von lokalen Künstlern oder Künstlern aus der Punkszene. «Es gibt so viele Künstler, die Aufmerksamkeit verdienen. Ihnen wollen wir hier ein Forum bieten. Die Werke kann man natürlich auch kaufen».

Ganz im Sinne der Gastgeber findet sich seit Eröffnung eine bunt gemischte Gästeklientel in der Galerie Boutique Bar ein. Ziel war es, einen Ort oder eine kleine Welt der Sinne zu kreieren. «Alle Sinne sollten hier angesprochen werden, man soll bei uns riechen, schmecken, tasten und Kunst sehen», so Plecic, in dessen Bar ätherische Öle Wohlgeruch stiften.

Ein grosser Pluspunkt des Hauses ist sein weitläufiger Aussenbereich, der mit ein Grund zur Übernahme und vor allem zur raschen Restaurierung und Fertigstellung zum Frühjahrsgeschäft gewesen ist. «So eine Terrasse bekomme ich in Thun nie wieder», hat Plecic sich damals gedacht. Mehr als 40 Sitzplätze befinden sich auf der Terrasse mit Blick auf den Aare-Fluss.

«Es gibt keine Etikette oder Vorschriften. Das Einzige, was zählt, ist der Respekt für sein Gegenüber.»

Gage Plecic

Gabel und Pinsel

Mit einer gekreuzten Gabel und einem Pinsel drückt das Logo der Galerie Boutique Bar deren Ausrichtung klar aus. In der Galerie mit dem Herzstück der Bar gibt es nämlich auch gutes Essen. Die Karte ist bewusst klein gehalten. Auf vorgefertigte Produkte aller Art wird verzichtet. Stattdessen alles selbst im Haus und in kleinen Mengen produziert, um den ökologischen Fussabdruck zu minimieren und stets frisches Essen zubereiten zu können. Dafür zeichnet der aus der Sterneküche kommende Küchenchef Alejandro Sobral aus Galizien verantwortlich.

Nach dem Motto Qualität statt Quantität werden ausschliesslich möglichst frische, saisonale und regionale Produkte für die Abendkarte und den Barbetrieb ab 18 Uhr herangezogen. Suppen, Salate, Hummus-Variationen als Starters, vegane Gerichte oder ein Pulled Beef Burger machen einem die Auswahl nicht leichter, auch wenn die Karte schmal gehalten ist.

Ein bisschen Nachtschattengewächs muss sein

An den Samstagabenden wird das Untergeschoss von den flexiblen Tischen und Stühlen leergeräumt. Dann nämlich herrscht Clubfeeling in der sonst gediegenen Bar- und Kunstgalerie. Die Räumlichkeiten verwandeln sich in einen Dance Floor, der von der darüberliegenden Galerie zu beobachten ist. Die mittig ausgerichteten Lampen von Tom Dixon kann der Gastgeber einzeln belichten und steuern, um die Lichtverhältnisse der Atmosphäre anzupassen. Oder umgekehrt.

Aber wichtig ist den Gastgebern Gage und Rahel, dass Gäste sich wohlfühlen. Ob und wer auch immer wann zum Tanzen am Samstagabend, zum Verweilen auf der Terrasse, zum Kunstbesuch oder Kunstkauf und natürlich auf einen richtig guten Drink vorbeikommt, macht keinen Unterschied. «Das Leben an sich spielt hier eine wesentliche Rolle. Man kann so sein, wie man will. Es gibt keine Etikette oder Vorschriften. Das Einzige, was zählt, ist der Respekt für sein Gegenüber. Es kann und soll kommen, wer will, aber Unfreundlichkeit und Respektlosigkeit haben hier nichts verloren», findet Gage. Einen Platz vor der Bar muss er jetzt nicht mehr ergattern. Wir wünschen weiterhin viel Glück und Erfolg.

Dieser Artikel erschien in
Ausgabe 5-2022

BAR NEWS-Magazin als Einzelausgabe

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