Bartender International

Ivy Mix, Leyenda, New York

Wenn man nicht in New York wohnt, ist es schwer, den Überblick über die Neueröffnungen von Bars zu behalten, und es kann schwierig sein, wenn man wieder mal da ist, sich zu entscheiden, ob man ein neues Lokal ausprobieren oder in einem alten Lieblingslokal trinken möchte. Wenn es um Mezcal geht, dann ist das Leyenda bestimmt so ein Lieblingslokal. Ivy Mix, längst eine Koryphäe in der Mixologiewelt, betreibt die Bar mit viel Herzblut.

Ivy wurde 1985 geboren und wuchs in Vermont auf. Sie studierte am Bennington College und hat einen Bachelor- Abschluss in Philosophie und bildender Kunst. Sie war neunzehn Jahre alt, als sie 2004 zum ersten Mal mit der Mixologie in Berührung kam. In jenem Jahr reiste sie nach Antigua in Guatemala, der alten kolonialen Hauptstadt des Landes.

Dort stolperte sie über eine Bar namens Café No Sé – wenn man sich bei Mezcal auskennt, klingeln jetzt vielleicht die Glocken. Wenn man sich die Bilder des No Sé ansieht, kann man leicht verstehen, warum Ivy sich in diese Bar verliebt hat. Sie verliebte sich aber nicht nur in die Bar, sondern auch in einen Barkeeper, der dort arbeitete. Deshalb verbrachte sie so viel Zeit im No Sé, wie sie nur konnte.

Zu ihrem Glück konnte man damals einfach Geld in ein Glas werfen, denn im No Sé wurde die Rechnung nach dem Ehrensystem beglichen. Wie von jemandem, der so jung ist, nicht anders zu erwarten, verfügte Ivy nicht über unbegrenzte finanzielle Mittel.

Neben ihrer Tätigkeit als Barkeeperin ist sie auch Mitbegründerin von Speed Rack, einem nationalen Cocktail-Wettbewerb, der eine Plattform für Barkeeperinnen schafft.

Als ihre Rechnung immer höher und ihr Geld immer knapper wurde, war es nur logisch, dort zu arbeiten, um die Rechnung zu begleichen. Das war ihre erste Arbeit als Barkeeperin und ihre erste Erfahrung im Gastgewerbe.

Während ihrer Zeit dort entdeckte sie auch ihre Liebe zum Mezcal. Das Problem war nur, dass Mezcal in Guatemala zu dieser Zeit buchstäblich illegal war. Nur fünf Agavenbrände hatten damals eine Exportlizenz. Um No Sé mit dem kostbaren Nachschub zu versorgen, begleitete Ivy den Gründer auf Schmuggelmissionen nach Mexiko.

Um die Ware über die Grenze zu bringen, verkleideten sich die beiden als Missionare und gaben bei der Grenzkontrolle an, dass sie libros para los niños – Bücher für Kinder – transportierten. Ihre intensiven grünen Augen müssen alle Grenzbeamten verzaubert haben, denn sie wurden nie erwischt. Sie blieb ein paar Jahre in Mittelamerika und reiste ausgiebig durch Lateinamerika.

Im Jahr 2008 zog sie zurück nach New York, dachte aber nicht daran, in den Vereinigten Staaten als Barkeeperin zu arbeiten. Damals hatte sie noch keine Erfahrung mit Cocktails, war aber gezwungen, als Barkeeperin zu arbeiten, da die Wirtschaft direkt nach ihrem Umzug zusammenbrach. So bekam sie 2009 einen Job im Mayahuel in New York, das gerade eröffnet hatte.

Sie brauchte ein paar Anläufe, um diesen Job zu bekommen und hatte viel Konkurrenz, da viele andere auch als Barkeeperin arbeiteten, um ihre Rechnungen zu bezahlen. Wenn es mit der Wirtschaft bergab geht, geht es den Bars oft gut, denn viele ertränken ihren Kummer im Alkohol.

Von Mayahuel zog sie weiter nach Fort Defiance und später in andere Bars in Brooklyn, um ihren Horizont zu erweitern und eine Karriere als Barkeeperin aufzubauen. Schliesslich wurde Ivy von Julie Reiner eingestellt, einer Vorreiterin der modernen Cocktail-Renaissance.

Ivy trinkt in der Regel Negronis, denn die sind schwer zu vermasseln, aber auch sehr schwer wirklich gut zu beherrschen.

Sie schloss sich dem Team von Julies SoHo-Tiki-Bar Lani Kai (inzwischen geschlossen) und später dem Clover Club an, bevor sie schliesslich 2015 mit der Hilfe von Julie und ihrem Geschäftspartner ihr eigenes Lokal, Leyenda, eröffnete.

Neben ihrer Tätigkeit als Barkeeperin ist sie auch Mitbegründerin von Speed Rack – einem nationalen Cocktail- Wettbewerb, der eine Plattform für Barkeeperinnen schafft und gleichzeitig Geld für Brustkrebs-Wohltätigkeitsorganisationen sammelt.

Ivy gründete Speed Rack, als sie feststellte, dass die meisten ihrer Kollegen Männer waren. Das mag an der Speakeasy-Renaissance liegen, die die Ära der Prohibition und ihr Gentlemen’s Club-Image zelebriert, zu dem weibliche Barkeeper nicht gehörten, aber Ivy gefiel diese Art von Abseitsstehen überhaupt nicht.

Speed Rack wurde 2011 ins Leben gerufen und hat erfolgreich die Art und Weise verändert, wie die Menschen Frauen in der überwiegend von Männern dominierten Cocktail-Branche sehen.

Bislang haben die Veranstaltungen über 600 000 USD für wohltätige Zwecke eingebracht. Als Krönung ihrer beeindruckenden Karriere hat Ivy Mix den American Bartender of the Year bei den Tales of the Cocktail’s Spirited Awards gewonnen und wurde 2016 vom Wine Enthusiast zum Mixologist of the Year ernannt.

Leyenda

Leyenda soll eine zugängliche, offene und lustige Bar für alle sein, unabhängig von Nationalität, sozioökonomischem Status, Rasse oder Geschlecht. Ivy möchte, dass Leyenda eine Art Kirche ist, in der jeder zum Gottesdienst willkommen ist. Wenn die Leute eintreten, ist es ein heller, offener und einladender Ort, nicht schummrig beleuchtet oder schwer zu erfassen.

Die Idee ist, ausgezeichnete Getränke und Speisen zu servieren, die diese einladende Umgebung ergänzen. Der Schwerpunkt liegt auf Mezcal, aber es werden natürlich auch andere Spirituosen und Cocktails angeboten. Es ist leicht, den fröhlichen lateinamerikanischen Ansatz der Gastfreundschaft an diesem Ort zu erkennen. Es ist lebendig und man spürt die Lebensfreude, die in der Luft liegt.

Inspiration

Ivy wird vom Essen inspiriert. Besonders von Pastry Chefs. Ihrer Meinung nach beherrschen diese Köche den einzigen anderen kulinarischen Beruf, der wirklich ein Gleichgewicht zwischen süss, sauer und salzig herstellen muss, wie es Mixologen tun.

Sie lässt sich auch von den Spirituosen selbst und den verschiedenen darin enthaltenen Noten inspirieren. Dies sind ihre beiden wichtigsten Ausgangspunkte für neue Rezepte.

Lieblingscocktail

Ivy trinkt in der Regel Negronis, denn die sind schwer zu vermasseln, aber auch sehr schwer wirklich gut zu beherrschen. Sie persönlich macht ihren Negroni nicht zu gleichen Teilen, aber es macht ihr nichts aus, wenn sie ihn so bekommt. Sie kann überall einen Negroni bestellen und wird ihn immer geniessen.

Dieser Artikel erschien in
Ausgabe 5-2021

BAR NEWS-Magazin als Einzelausgabe

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